Pressetext Austria, 1. Februar 2000,
10:00 Uhr
Verteidigungsministerium
schießt auf bundesheer.com pte, Wien
(pte) (1. Februar 00/10:00) - Einen handfesten Domainstreit trägt das
Bundesministerium für Landesverteidigung derzeit gegen den Betreiber des
Informationsdienstes "bundesheer.com"
aus. http://www.bundesheer.com
Das Ministerium hat den im steirischen Deutschlandsberg ansässigen
Internet-Unternehmer Harald J. Koch aufgefordert, seine Seite umgehend
aufzulassen und die Domain dem Ministerium zu übergeben, andernfalls würde
er von der Republik auf Herausgabe der Domain geklagt. Der betroffene
Domain-Eigentümer wehrt sich seinerseits mit dem Argument, hier würde
ein kritisches Forum mundtot gemacht. Wie pressetext.austria exklusiv in Erfahrung brachte, erhielt Koch kürzlich
ein Schreiben, in dem das Verteidigungsministerium "unbefugten
Namensgebrauch nach §43 ABGB" und "Verwechslungsgefahr"
als Grund für die geforderte Abtretung der Domain angab. Dazu Harald
Koch: "Wir haben auf der Homepage einen eindeutigen Verweis zur
offiziellen Seite des Bundesheers angebracht. Niemand wird daher annehmen,
dass sich hinter bundesheer.com
die offizielle Seite des Ministeriums verbergen könnte. Die Vorgangsweise
lässt aber den Verdacht aufkommen, dass hier ein unabhängiges und
kritisches Forum mundtot gemacht werden soll." Bundesheer.com wurde 1998
von einer kleiner Gruppe ehemaliger Präsenzdiener ins Leben gerufen und
erreicht mittlerweile beachtliche Zugriffsraten. Schon 170.000 Besucher
wurden nach Angaben von Koch verzeichnet. Bei bundesheer.com
kann man allgemeine Informationen über das Bundesheer abrufen,
"Feldpostkarten" verschicken, eine virtuelle Kaserne mitaufbauen,
über aktuelle Themen diskutieren, aber auch erfahren, welche Gründe und
Tricks es gibt, um eine Befreiung vom Präsenzdienst zu bekommen. Um den Inhalt der Seiten von bundesheer.com
geht es dem Ministerium laut Pressereferent Reinhard Raberger gar nicht.
"Alle Domainnamen mit Bundesheerbezug sollen vom Ministerium geschützt
werden", erklärte Raberger gegenüber pressetext.austria.
"Diese Auffassung wird schon seit langem vertreten." Auch der
Besitzer von bundesheer.at, der diese Adresse allerdings nicht einschlägig
benutzt, sei zur Abtretung der Domain aufgefordert worden. "Sollte das Ministerium ernsthaft daran interessiert sein, alle
Domainnamen mit einem Bundesheer-Bezug schützen zu lassen, warum ist die
Domain bundesheer.gv.at nicht angemeldet?" fragt sich Koch. In der
RIPE-Net Datenbank ist mit Stand 31.01. 2000 jedenfalls kein Eintrag unter
"bundesheer.gv.at" verzeichnet. Das Schreiben, für das im Ministerium "Dr. Lausch"
verantwortlich zeichnete, hat bei Koch wohl einige Hektik ausgelöst. Er
will aber nicht so schnell aufgeben, wie er gegenüber pte meinte. So ist
laut Kochs Wiener Anwalt das "Bundesheer" u.a. weder eine
physische noch eine juristische Person noch ein Handelsname, der nach der
bisherigen Rechtssprechung des OGH namensrechtlichen Schutz genießen könnte. Fazit: Der Ausgang des zu erwartenden Rechtsstreites verspricht für
Juristen spannend zu werden, da es sich im deutschsprachigen Raum um den
ersten Domainfall zwischen einem Ministerium und einer Privatperson
handelt. Offizielle Seite des österreichischen Bundesheeres: http://www.bmlv.gv.at Ansprechpartner:gf, |